BIM Episode 12: BIM Performance-Messung

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BIM Episode 12: BIM Performance-Messung

Nachdem die generellen Unterschiede zwischen BIM Fähigkeiten und BIM Reifegraden in Episode 11 dargestellt wurden, werden in dieser Episode verschiedene zur Verfügung stehende und anwendbare Reifegrad-Modelle [1] vorgestellt. Das Ziel ist es zu verstehen, was andere Organisationen und Personen bereits in diesem Bereich erarbeitet haben und welches BIM Performance-Messmodell angemessen ist und übernommen oder angepasst werden kann, um BIM Kompetenzen bewerten zu können [2].


Diese Episode ist ebenfalls in weiteren Sprachen verfügbar:

Für eine Übersicht aller verschiedenen Übersetzungen besuchen Sie bitte http://www.bimthinkspace.com/translations.html

Nachfolgend geht es mit der deutschen Version weiter:


Warum gerade das so wichtig ist? Wenn in Folge von BIM Implementierungen durch Teams oder Organisationen die so oft angepriesene Steigerung der Produktivität erreicht werden soll, müssen diese Implementierungen gemessen werden, mit einer Art Industriebenchmark verglichen werden – und noch wichtiger – unabhängig zertifiziert werden. Ohne diese Messungen bieten Organisationen die verschiedenen Services aus den Bereichen Planen, Bauen und Betreiben ohne eine Basis an, auf welcher sie deren Prozesse und Ergebnisse verbessern und optimieren können. Ohne Benchmarks und Zertifikate beauftragen Kunden diese Organisationen, welche einen inkonsistenten Weg des Verständnisses der eigenen BIM Kompetenzen besitzen.

Es versteht sich von selbst, dass die AECO-Industrie (AECO = Architecture, Engineering, Construction, Operation) ein spezielles Werkzeug zum Bewerten von BIM Implementierungen benötigt, um die richtigen BIM Fähigkeiten von dem offenkundigen „BIM wash“ zu ermitteln. Wirklich benötigt wird [ERSTENS] welche BIM „Metriken“ dieses Werkzeug messen soll, [ZWEITENS] wie diese Messungen durchgeführt werden können und [DRITTENS] wie die Messergebnisse zertifiziert werden, damit diese für die Auswahl von Projektpartnern und/ oder der Verbesserung der BIM Performance allgemeingültig sind.

Der erste Schritt zur Identifizierung geeigneter Metriken ist, existierende und geeignete Performance-Mess-Tools zu suchen und diese anschließend zu optimieren, anstatt ein neues Werkzeug von Grund auf zu entwickeln. Schauen wir uns also den folgenden Kurzüberblick über existierende und anwendbare Werkzeuge an:

Anwendbare Reifegrad Modelle und Tools

Ein „Reifegrad Modell“ ist vereinfacht ein Set von Performance-Verbesserungs-Level, welche durch eine Organisation oder ein Projekt-Team erreicht werden können. Es gibt viele verschiedene Reifegrad Modelle welche relevant für unsere Aufgabenstellung sind, ich werde hier jedoch nur einige wenige nennen:

1 COBIT, Control Objects for Information and related Technology – Information Systems Audit and Control Association (ISACA) und IT Governance Institute (ITGI) – weblink
2 CMMI, Capability Maturity Model Integration – Software Engineering Institute/ Carnegie Melon – weblink
3 CSCMM, Construction Supply Chain Maturity Model – Vaidyanathan & Howell (2007) [3]
4 I-CMM, Interactive Capability Maturity Model  entwickelt als ein Teil der Nationalen BIM Standards (NBIMS) Version 1 Part 1 – ein Projekt des National Institute for Building Sciences (NIBS), buildingSMARTalliance™ – weblink
5 Indiana University BIM Proficiency Matrix  – weblink (MS Excel File)
6 Knowledge Retention Maturity Levels – Arif, Egbu, Alom and Khalfan (2009) [4]
7 LESAT, Lean Enterprise Self-Assessment Tool – Lean Aerospace Initiative (LAI) am Massachusetts Institute of Technology (MIT) – weblink
8 P3M3, Portfolio, Programme and Project Management Maturity Model – Office of Government Commerce (UK) – weblink
9 P-CMM®, People Capability Maturity Model v2 – Software Engineering Institute / Carnegie Melon – weblink
10 (PM)², Project Management Process Maturity Model – Kwak & Ibbs (2002) [5]
11 SPICE, Standardised Process Improvement for Construction Enterprises – Research Centre for the Built and Human Environment, University of Salford – Hutchinson & Finnemore (1999) [6]
12 Supply Chain Management Process Maturity Model and Business Process Orientation (BPO) maturity model – Lockamy III & McCormack (2004) [7]

Tabelle 1. Beispiel Reifegrad Modelle mit BIM Relevanz

Alle die oben genannten „Reifegrad Modelle“ sind für das Bauwesen relevant (es gibt jedoch noch weitere). Zwei dieser Modelle erheben den Anspruch, BIM spezifische Reifegrade messen zu können: NBIMS I-CMM und die BIM Kompetenz Matrix (BIM Proficiency Matrix) der Universität Indiana [8]. Da die Arbeit der Universität Indiana bis jetzt nicht so umfassend dokumentiert worden ist, werde ich hier nur das I-CMM Tool bewerten:

Ein kurzer Blick auf das NBIMS Reifegrad Modell

Fangen wir mit der Definition an: Der U.S. National Building Information Model Standard™ (NBIMS) etabliert „Standarddefinitionen für den Austausch von Bauwerksinformationen, zur Unternehmensunterstützung unter der Verwendung von standardisierter Semantik und Ontologien [welche] in Softwareprodukte implementiert werden“. NBIM Standard Version 1 – Teil 1 stellt ein Fähigkeiten Reifegrad Modell (Capability Maturity Model – CMM) dar, welches „Nutzer zur Bewertung der eigenen Unternehmenspraktiken entlang eines Kontinuum oder Spektrums eines gewünschten technischen Funktionslevels…[und zum messen] des Maßes, in wie weit ein Building Information Model einen entwickelten BIM Standard implementiert“, heranziehen können [9].

Es gibt zwei Versionen des NBIMS CMM. Die erste Version (CMM) ist eine statische Tabelle, welche 11 Interessensgebiete identifiziert und diese gegen 10 zunehmende Reifegradlevel misst (Abbildung 1). Die zweite Version ist ein interaktives Fähigkeiten Reifegrad Modell (I-CMM), eine Microsoft Excel® Arbeitsmappe, basierend auf der statischen Tabelle unter Zuhilfenahme einer Punktzahl zu den Interessensgebieten.

BIM Reifegrad Modelle
Abbildung 1: NBIMS CMM Chart (Download der MS Excel Datei unter http://bit.ly/NBIMS)

NBIMS I-CMM basiert auf dem Konzept der minimalen BIM Bewertung. Das bedeutet, ein Projekt muss eine minimale Gesamtsumme eines Reifegrads erreichen, um als „true BIM / echtes BIM“ betrachtet werden zu können. Zur ersten Veröffentlichung des NBIM Standards, legte Version 1 fest, dass um als „true BIM“ Reifegrad betrachtet werden zu können, eine Mindestpunktzahl von 20 [gewichteter Durchschnitt] erreicht werden muss.

Es sei aber darauf hingewiesen, dass die Mindestpunktzahl nicht festgesetzt ist, jedoch „abhängig hinsichtlich des Zeitpunktes der Nutzung des I-CMM Tools“ ist. Die Mindestpunktzahl ist somit jährlich oder „sobald die Anforderungen sich erhöhen und Eigentümer mehr von den gelieferten Modellen abverlangen“ veränderlich [10]. In der Tat wurde die Mindestpunktzahl des „BIM Scores“ in der neueren Version des Excel Tools (v1.9) zuerst auf 30, anschließend auf 40 Punkte erhöht.

Einschränkungen innerhalb des NBIMS I-CMM Tools

Das NBIMS Reifegradmodel und Tool befinden sich noch in den Anfängen der Entwicklung, werden sich jedoch signifikant verändern. Dennoch enthalten das Model und das Werkzeug Einschränkungen, welche nachfolgend erläutert werden [11]:

Das I-CMM Tool wurde entwickelt, um es als „internes Werkezeug…[zum]…bestimmen des Reifegradlevels eines individuellen BIM Projekts, gemessen gegen vordefinierte, in einem Building Information Model als erstrebenswert vereinbarte, gewichtete Kriterien, zu nutzen“ [12][13]. I-CMM setzt den Fokus primär auf die Messung des BIM Information Management und „sollte nicht als Benchmark für jegliche andere Form von Metriken genutzt werden“ [14] einschließlich solcher, die sich auf Architektur-, Ingenieur-, Bau- oder das Managementwesen beziehen. Ebenfalls ist I-CMM nicht dafür gedacht, „es als Werkzeug zum Vergleichen von BIMs oder BIM Implementierungen“ zu nutzen [15].

Darüber hinaus ist zu den oben genannten strukturbedingten Einschränkungen zu sagen, dass das I-CMM Punktesystem theoretisch verschiedene Ergebnisse für das selbe BIM Projekt liefern kann, wenn das Tool von unterschiedlichen Nutzern oder zu unterschiedlichen Zeitpunkten angewandt wird. Inwieweit NBIMS den Nutzern des Tools die Modifizierung der AOI Gewichtung (Area of Interest / Interessensgebiet) entsprechend der spezifischen Anforderungen erlaubt, wird in NBIMS v1 (Teil 1, Seite 79) beschrieben. Diese Variabilität in der AOI Gewichtung, verbunden mit der Abhängigkeit des Zeitpunkts der minimalen BIM Bewertung, limitiert die Zuverlässigkeit, sowie auch die Nutzbarkeit des Tools als Branchenweites, markenunabhängiges Messsystem.

Die Notwendigkeit eines umfangreichen Tools

Wenn jemand genug Zeit und Energie in das Analysieren der vielen Stärken und Schwächen von verfügbaren Reifegradmodellen investiert, wird Sie/Er früh realisieren, was fehlt: Ein auf BIM spezialisiertes Fähigkeiten und Reifegrad Tool, welches intern durch eine Organisation und extern durch unabhängige Gutachter verwendet werden kann, welches alle wichtigen BIM relevanten Kennzahlen messen kann, welches ein konsistentes Punktesystem enthält und welches gleichermaßen über verschiedene Märkte, Disziplinen und Organisationen unterschiedlicher Größen angewandt werden kann.

Natürlich ist es unrealistisch zu erwarten, dass Organisationen selbständig eigene Messwerkzeuge entwickeln und diese allen anderen bereitstellen. Es ist ebenfalls unpraktisch den Branchenakteure fremde Tools anzuvertrauen, welche durch fremde Industrien entwickelt wurden und für die Messung von BIM ungeeignet sind. Letztlich ist es nicht nützlich, vorhandene Tools welche – obwohl diese für BIM entwickelt wurden – zu adoptieren, da diese weder alle BIM Kennzahlen messen können noch konsistent in der Messung sind.

Aber was ist die Lösung zu alle dem? Kann ein Reifegradmodell und Messwerkzeug entwickelt werden, um „BIM Washs“ festzustellen, „BIMness“ zu messen und Organisationen, welche in Ihre BIM Kompetenzen investieren, diese entwickeln und aufrechterhalten so eine glaubwürdige Zertifizierung zu ermöglichen?

Fortsetzung folgt, die nächste Episode setzt sich mit dem BIM Reifegrad Index auseinander.

Übersetzt von M.Sc. Stephan Liedtke (BIMSource.de) – Lektorat: Dr. Carsten Druhmann (ZHAW) – Veröffentlichungsdatum: 13.03.2017

Referenzen:

[1] Der Begriff „Modell“ in diesem Beitrag bezieht sich auf „Wissensmodelle“ nicht „Objekt-basierte Modelle“ welche typischerweise mit BIM assoziiert werden. [2] BIM Kompetenzen sind die generischen Fähigkeiten, welche Teams und Organisationen benötigen, wenn diese deren BIM Technologien, Prozesse und Rahmenbedingungen adoptieren und weiterentwickeln möchten. Diese Kompetenzen enthalten technische (z.B. Austausch von Modelldaten) und nicht-technische Fähigkeiten (z.B. virtuelles Team Management). Diese sind jedoch alle wichtig, um vom PRE-BIM Status zum viDCO (virtuelles, integriertes, Planen, Bauen und Betreiben) Status durch einen systematischen und messbaren Ansatz zu gelangen. BIM Kompetenzen sind in Sets gruppiert, welche verwendet werden, um entweder Fähigkeiten oder Reifegrad Benchmarks durchzuführen. Dieses Thema wird in einem zukünftigen Beitrag behandelt. [3] Vaidyanathan, K., & Howell, G. (2007). Construction Supply Chain Maturity Model – Conceptual Framework, International Group For Lean Construction (IGLC-15). Michigan, USA. [4] Arif, M., Egbu, C., Alom, O., & Khalfan, M. M. A. (2009). Measuring knowledge retention: a case study of a construction consultancy in the UAE. Engineering, Construction and Architectural Management, 16(1), 92-108. [5] Kwak, Y. H., & Ibbs, W. C. (2002). Project Management Process Maturity (PM)2 Model. ASCE, Journal of Management in Engineering, 18(3), 150-155. [6] Hutchinson, A., & Finnemore, M. (1999). Standardized process improvement for construction enterprises. Total Quality Management, 10, 576-583. [7] Lockamy III, A., & McCormack, K. (2004). The development of a supply chain management process maturity model using the concepts of business process orientation. Supply Chain Management: An International Journal, 9(4), 272-278. [8] Indiana University BIM Proficiency Matrix includes 8 categories measured against 4 maturity/proficiency levels. The matrix appears to focus on the accuracy and richness of the digital model (as an end-product) and has little focus on the process of creating that model. More information is available at http://bit.ly/iuBIM. Thank you to Dr. Umit Isikdag (University of Salford – UK) for bringing this effort to my attention. [9] NIST. (2007). National Building Information Modeling Standard – Version 1.0 –  Part 1: Overview, principles and Methodologies: National Institute of Building Sciences (Page 75). [10] Same as above – Page 72 [11] I will be reviewing the NBIMS CMM and I-CMM in more detail as part of my upcoming chapter ‘BIM Maturity Matrix’ in the Handbook of Research on Building Information Modeling and Construction Informatics: Concepts and Technologies (http://bit.ly/BIMhandbook). [12] See AECbytes Viewpoint #33 (December 6, 2007), http://bit.ly/AECbytes1. [13] Suermann, P. C., Issa, R. R. A., & McCuen, T. L. (2008). Validation of the U.S. National Building Information Modeling Standard Interactive Capability Maturity Model 12th International Conference on Computing In Civil and Building Engineering, October 16-18. Beijing, China. [14] NIST. (2007). National Building Information Modeling Standard – Version 1.0 –  Part 1: Overview, principles and Methodologies: National Institute of Building Sciences (Page 80). [15]Same as endnote 10.

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