Episode 10: Auswirkungen von BIM auf die Projekt-Lebenszyklus-Phasen

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Episode 10: Auswirkungen von BIM auf die Projekt-Lebenszyklus-Phasen

Ein Bauvorhaben durchläuft von Beginn bis zum Rückbau mehrere Phasen. Diese Phasen werden typischerweise als Projekt-Lebenszyklus-Phasen (PLP) bezeichnet. Diese enthalten Aktivitäten, die vor der Bauausführung stattfinden (z.B. Konzeption, Kostenplanung …) sowie Aktivitäten, die nach der Bauausführung stattfinden (z.B. Prozesse des Nutzens und Betreibens). Lebenszyklusphasen können auf verschiedene Arten dargestellt werden, persönlich habe ich eine vereinfachte Unterteilung wie folgt vorgenommen:


Diese Episode ist ebenfalls in folgenden Sprachen verfügbar:

Nachfolgend geht es mit der deutschen Version weiter:


Bauvorhaben durchlaufen drei Haupt-Lebenszyklus-Phasen: Planung [P], Ausführung [A] und Betrieb [B]. Diese Phasen sind in Sub-Phasen weiterunterteilt (Tabelle 1), welche weiterhin in Aktivitäten, Sub-Aktivitäten und Aufgaben unterteilt sind.

Planungsphase Ausführungsphase Betriebsphase
P1: Konzeption, Bedarfs- und Kostenplanung A1: Ausführungsplanung und -detaillierung B1: Auslastung und Betrieb
P2: Architektur-, Struktur- und Systemplanung A2: Ausführung, Fertigung und Beschaffung B2: Asset Management und Anlagenwartung
P3: Analyse, Detaillierung, Koordinierung und Spezifizierung A3: Inbetriebnahme, as-built und Übergabe (handover) B3: Außerbetriebnahme und  erneute Bedarfsplanung / Umplanung

Tabelle 1: Projekt-Lebenszyklus-Phasen und Sub-Phasen

Als ein Beispiel der weiteren Unterteilung enthält die Planungsphase [P] die Architektur-, Struktur- und Systemplanungs-Sub-Phase [P1], welche wiederum die Architekturplanungs-Aktivität [P1.1], die Konzeptualisierungs-Sub-Aktivität [P1.1a] und schließlich die 3D-Modellierungs-Aufgabe [P1.1a.01] enthält. Der Nutzen dieser Unterteilungen wird in diesem Blog-Post nicht genauer beschrieben, dennoch kann und wird eine BIM Implementierung in einem Bauvorhaben die Phasen, die Aufgaben und alles was sich dort zwischen befindet, beeinflussen. Fürs Erste fokussieren wir uns auf die Auswirkungen von BIM auf die jeweiligen Phasen. Die Auswirkungen von BIM auf die Unterteilungen des Lebenszyklus werden in späteren Posts behandelt.

BIM Stufe 1: Objekt-basiertes Modellieren

Als Erinnerung, die BIM Implementierung wird durch den Einsatz eines „objekt-basierten 3D parametrischen Software Werkezeuges“ ähnlich ArchiCAD®, Revit®, Digital Project® oder Tekla® initiiert. In Stufe 1 werden durch den Anwender einzelne Fachmodelle innerhalb der Planung [P], der Ausführung [A] oder des Betriebs [B] – der drei Projekt-Lebenszyklus-Phasen – generiert. Diese Modelle – wie zum Beispiel das Architektur-Entwurfs-Modell [P], das Rohrleitungs-Fabrikations-Modell [A] – werden vorwiegend zur automatischen Erzeugung und Koordinierung von 2D Dokumentationen und 3D Visualisierungen verwendet. Weitere Ergebnisse der Modelle der Stufe 1 enthalten den Export grundlegender Daten (z.B. Türlisten, Betonmengen, Ausbaukosten,…) und leichtgewichtige 3D-Modelle (z.B. 3D DWF, 3D PDF, NWD, etc…), welche keine modifizierbaren parametrischen Attribute enthalten. Dennoch fördert die semantische Beziehung der objekt-basierten Modelle die Entscheidungsfindung zu einer früheren und detaillierteren Übereinkunft in der Planung und Ausführung innerhalb der Projekt-Lebenszyklus-Phasen (Abbildung 1).

BIM Auswirkungen Projekt-Lebenszyklus-Phasen Stufe 1
Abbildung 1: Projekt-Lebenszyklus-Phasen in BIM Stufe 1 – lineares Modell

Abbildung 1 stellt dar, wie objekt-basiertes Modellieren die Entscheidungsfindung fördern kann. Auch wenn ein Projekt phasenbasiert ausgeführt wird, überlappen sich Planungs- und Ausführungsaktivitäten, um eine Zeitersparnis herbeizuführen [2]. Nachdem der Reifegrad der Implementierung von Stufe 1 erreicht wird, werden die BIM Akteure die Mehrwerte durch das Einbinden weiterer Akteure der Planung und Ausführung mit ähnlichen Modellierungsfähigkeiten erfahren. Dies führt anschließend zur BIM Stufe 2, das Modell-basierte Kollaborieren.

BIM Stufe 2: Modell-basierte Kollaboration

Durch die Implementierung der Stufe 1 wurden einzelne Fachmodelle entwickelt, mit denen in der Stufe 2 die Akteure aktiv mit fremden Disziplinen anhand der Modelle kollaborieren. Dies geschieht auf einer Vielzahl unterschiedlicher technologischer Wege, die auf der Auswahl der jeweiligen BIM Software Werkzeuge jedes Akteurs beruhen.
Modell-basierte Kollaboration kann innerhalb einer oder zwischen zwei Projekt-Lebenszyklus-Phasen auftreten. Als Beispiel kann dies der Planungs-Planungs-Austausch von Architektur- und Strukturmodellen [PP], der Planungs-Ausführungs-Austausch von Struktur- und Stahlmodellen [DA] und der Ausführungs-Betriebsaustausch von Architektur- und Facility-Management-Modellen [PB] sein. Der Reifegrad der Stufe 2 verändert ebenfalls die Granularität der Modellierung, welche sich in jeder Lebenszyklusphase durch detailliertere Ausführungsmodelle, welche weniger detaillierte Planungsmodelle teilweise oder ganz ersetzen, darstellt (Abbildung 2).

BIM Auswirkungen Projekt-Lebenszyklus-Phasen Stufe 2
Abbildung 2: Projekt-Lebenszyklus-Phasen in BIM Stufe 2 – lineares Modell

Abbildung 2 stellt dar, wie Modell-basierte Kollaboration die Entscheidungsfindung durch Änderung der relativen Modellierungsintensität innerhalt jeder Lebenszyklusphase fördert. Die abgebildete Überlappung wird durch Akteure gesteuert, welche zunehmend planungsbezogene Services als Teil deren Stufe 2 Leistungen bereitstellen, sowie Akteure welche zunehmend Ausführungs- und Beschaffungsinformationen in deren Planungsmodelle integrieren. Des Weiteren verändert sich die semantische Reichhaltigkeit über die Lebenszyklusphasen in Form von detaillierten Ausführungs- und Fabrikationsmodellen (z.B. Stahldetaillierungen und Rohr-Fabrikationsmodelle). Diese ersetzen die größtenteils generischen Struktur- und schematischen Planungsmodelle.

BIM Stufe 3: Netzwerk-basierte Integration

In dieser Stufe werden semantisch-reichhaltige integrierte Modelle erstellt, geteilt und kollaborativ über die Projekt-Lebenszyklus-Phasen gepflegt. Diese Integration kann durch Modell-Server-Technologien (unter Verwendung proprietärer, offener oder nicht-proprietärer Formate), einzelner / integrierter / dezentralisierter / zusammengeschlossener Datenbanken [1,3] und/ oder SaaS (Software as a Service) Lösungen [4] erreicht werden. Von der Prozessansicht her entsteht durch den synchronen Austausch von Modell- und Dokumenten-basierten Daten eine umfassende Überlappung der Projekt-Lebenszyklus-Phasen, welche einen weniger phasenbezogener Prozess formen (Abbildung 3).

BIM Auswirkungen Projekt-Lebenszyklus-Phasen Stufe 2
Abbildung 3: Projekt-Lebenszyklus-Phasen in BIM Stufe 3 – lineares Modell

Abbildung 3 stellt dar, wie Netzwerk-basierte Integration das gleichzeitige Planen, Bauen und Betreiben herbeiführt: einen Begriff welcher verwendet wird, wenn „alle Projektaktivitäten integriert sind und alle Aspekte von der Planung, der Ausführung und des Betriebs gleichzeitig geplant werden, zur Maximierung des Nutzens der Zielsetzung während der Optimierung der Baubarkeit, Funktionsfähigkeit und Sicherheit“ [2].
Zusammenfassend halten wir fest, dass objekt-basiertes Modellieren zur Separierung verschiedener Projekt-Lebenszyklus-Phasen führt. Wobei das Modell-basierte Kollaborieren dazu führt, dass die Akteure der verschiedenen Lebenszyklusphasen sich in fremde Gebiete  begeben. Schließlich, wenn die Netzwerk-basierte Integration zum Standard wird, werden Planung, Ausführung und Betrieb sich weitestgehend, wenn nicht sogar ganz, überlappen.
Hinweise zu Begriffen in den Abbildungen:

  • BIM Datenaustausch beschreibt einen BIM Akteur, welcher Daten exportiert oder importiert, die weder strukturiert noch berechenbar sind. Ein typisches Beispiel hierfür ist der Export von 2D CAD Zeichnungen aus dem 3D objekt-basierten Modell heraus. Hierbei wird ein signifikanter Verlust von geometrischen sowie semantischen Daten verzeichnet.
  • BIM Interoperabler Datenaustausch beschreibt einen BIM Akteur, welcher Daten exportiert und importiert, welche strukturiert und durch weitere Applikationen berechenbar sind. Hier wird eine „entsprechende Interoperabilität“ zwischen Sender und Empfänger angenommen.
Referenzen
[1] Bentley, Does the Building Industry Really Need to Start Over – A Response from Bentley to Autodesk’s BIM-Revit Proposal for the Future, http://www.laiserin.com/features/bim/bentley_bim_whitepaper.pdf, last accessed July 12, 2008
[2] A. Jaafari, Concurrent Construction and Life Cycle Project Management, Journal of Construction Engineering and Management 123 (4) (1997) 427-436.
[3] J. Liaserin, Building Information Modeling – The Great Debate, http://www.laiserin.com/features/bim/index.php, last accessed July 12, 2008
[4] P. Wilkinson, SaaS-based BIM, http://extranetevolution.com/2008/04/saas-based-bim/, last accessed July 12, 2008 (link updated March 24, 2015)

Fortsetzung folgt, die nächste Episode setzt sich mit dem Unterschied zwischen BIM Fähigkeiten und BIM Reifegraden auseinander.

Übersetzt von Stephan Liedtke (BIMSource.de) – Lektorat: Dr. Carsten Druhmann (ZHAW) – Veröffentlichungsdatum: 03.10.2016

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